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Sunday, 11. April 2010KoreaAuch wenn dies kerstininTAIWAN.de ist, werde ich euch heute von einer anderen (wenn auch nicht geographischen so doch defacto) Insel erzählen. Im Grunde werde ich das eine Eiland jedoch nur im Lichte meiner Erfahrungen auf dem anderen beschreiben können, womit dieser Bericht hier doch an genau der richtigen Stelle ist. Wie bereits im letzten Beitrag erwähnt, wollte ich meine eine, kostbare Ferienwoche ursprünglich damit verbringen, zusammen mit einem Kommilitonen den höchsten Berg Taiwans zu besteigen. Als unsere Wanderpläne kurzfristig ins, äh, Eis, fielen, haben wir uns aufgrund der momentan extrem günstigen Flugsituation spontan für ein anderes Extrem entschieden - und sind am darauf folgenden Tag in die Metropole und Megastadt Seoul geflogen. Gyeongbokgung, Adelspalast mitten in Seoul Unsere Woche in Seoul haben wir ruhig angehen lassen (schließlich mussten wir uns beide nebenbei von einem erschöpfenden Semester erholen), dennoch haben wir so einiges von der Stadt gesehen: alte (oder zumindest wiederaufgebaute) und weitläufige Paläste inmitten hypermoderner Hochhäuser, jahrtausende alte Kunst im Nationalmuseum, das rezente Pendant im Museum der modernen Künste, viele alte und neue Einkaufsstraßen sowie ein sehr schönes Aquarium mit unter anderem riesigen Haien und Rochen (und warum auch immer Goldfischen in Kloschüsseln). Wir sind in gut 4 Stunden auf den Hausberg Seouls Bukhansan gestiegen, der obwohl er nicht einmal 1000m hoch ist, so einiges an Kraft verzehrt. Zu guter letzt ist er sogar so steil, dass man nur mit Hilfe von Stahlseilen weiter kommt. Davon erholt haben wir uns in einem der berühmten koreanischen Badehäusern – dieses ein siebenstöckiges Exemplar bestückt mit diversen Pools, Saunen sowie einer ansehnlichen (Video-)Spielhalle inklusive Karaokeautomaten. Vor allem aber haben wir einem Hobby gefrönt, das wir mit den Taiwanesen und Koreanern gemeinsam zu haben scheinen: wir haben gegessen. Koreanisches Barbecue mit zigtausend verschiedenen Zutaten, die gemeinsam in Salatblätter gewickelt werden, Fisch mit beeindruckenden Zähnen, Berge an Kimchi (der scharfen koreanischen Version von Sauerkraut), ein edel benanntes Hochzeitsmahl mit unzählbar vielen Gängen, davon einer leckerer als der andere, frischen Aal, viel knackig-rohes Gemüse, wie es mir in Taiwan fehlt, koreanisches Sushi und (ich traue mich fast nicht, es zu schreiben, es war auch nur bedingt freiwillig) Hundesuppe. Koreanisches Barbecue - Portion für zwei Stellvertretend für alle Ausflüge möchte ich an dieser Stelle von einem berichten, der mich stark beeindruckt hat: unser Ausflug in die DMZ, den demilitarisierten Grenzbereich zwischen Nord- und Südkorea. Dieser Streifen, auf beiden Seiten der Grenze je zwei Kilometer breit, ist eine Mischung aus Naturschutzgebiet und Geschichtslehrstätte, aus viel besuchter Touristenattraktion und aktiver Armeebasis (demilitarisiert heißt scheinbar weder soldaten- noch waffenfrei). Wilde Blumen und Stacheldraht, US-Soldaten inmitten kamerabewehrter Besucher. Eine Stimmung, die irgendwo zwischen Volksfest und Trauerfeier schwankt. An einer Stelle kann man einen guten Blick auf ein nordkoreanisches Dorf werfen. Auf der Südkoreanischen Seite steht daher ein Beobachtungsposten: ein Armeeposten zuzüglich einer sehr langen Reihe an Münzferngläsern. Die Hauptarbeit der Soldaten scheint darin zu bestehen, Touristen vom Fotografieren Nordkoreas abzuhalten – oder falls sie es nicht rechtzeitig verhindern konnten, die entsprechenden Bilder mit strenger Miene zu löschen. Touristen kommen aus aller Welt hierher – bis auf aus Südkorea selbst, da Einheimische die DMZ nicht betreten dürfen. Nahe der Grenze zu Nordkorea Abgesehen von Sehenswürdigkeiten – wie war Seoul? Aufgrund praktisch nicht vorhandener Vorbereitungszeit hatten wir beide nicht viel mehr als eine sehr grobe Vorstellung von unserem Zielort. Ich für meinen Teil hatte ziemlichen Respekt vor diesem Moloch mit über 10 Millionen Einwohnern. Ich habe mir eine ungezähmte, lautgrelle und hypermoderne Stadt vorgestellt, jederzeit bereit, unvorsichtige Besucher zu verschlingen. Die Tatsache, dass der Lonely Planet, den wir im Flugzeug konsultieren konnten (und nur dort weil ihn Thomas dann im Airportbus liegen lies), Blade Runner ansprach, half dieser Vorstellung erst Recht auf die Sprünge.Umso mehr hat mich Seoul daher überrascht, in gewisser Hinsicht sogar enttäuscht. Seoul ist erstens sehr viel weitläufiger und weniger eng als erwartet. Vor allem im Vergleich zu Taipei fiel mir zunächst eines auf: Stille. Die Straßen waren nicht besonders voll und selbst wenn, scheinen Koreaner in der Öffentlichkeit eher schweigsam. Des Öfteren saßen Thomas und ich mit 50 Einheimischen in der U-Bahn und keiner sprach auch nur ein Wort. Ein wenig unheimlich. Jeder zweite hatte stattdessen ein Mobilgerät und spielte entweder Egoshooter oder schaute – dank Miniantenne – koreanische Seifenopern. Die Stille ließ meinen Gedanken viel Raum, die allgegenwärtigen Anzugträger in graue Herren zu verwandeln. Dies scheint besonders in Verbindung mit der hohen Geschwindigkeit der Stadt zutreffend (plötzlich liefen Passanten gleich schnell wie ich oder gar noch schneller – eine Unmöglichkeit in Taipei). Leider nur gibt es in Seoul keine Momo und die einzige Schildkröte, die ich gesehen habe, lebte im Aquarium und hatte zwei Köpfe. Frühe (80er) moderne Kunst aus Seoul, Pagode im Museum für moderne Kunst Neben leise sind die Südkoreaner auf den ersten Blick vor allem eines: betrunken. Am ersten Abend liefen uns auf unserem Nachhauseweg so viele Betrunkene über den Weg, dass wir uns erst einmal ziemliche Sorgen machten über den Stadtteil, in dem wir gelandet waren. Im Rückblick fiel uns dies wohl erst so richtig im Vergleich mit Taipei auf – in dem es außer vielleicht in den Nachtclubs in der Öffentlichkeit keine Betrunkenen gibt. Und keine Penner. Oder Punks. Oder. All dies gab es in Seoul plötzlich (wieder), was für uns erst einmal ein Schock war. In Seoul kann man sich Verbrechen und Gewalttaten zumindest vorstellen, ein großstädtischer aggressiver Unterton ist zumindest zu erahnen. Schnee! Neben leise und betrunken sind Südkoreaner auf den ersten Blick noch eines: extrem gut aussehend. Selten habe ich so viele attraktive wie gut angezogene Männer und Frauen auf einen Haufen gesehen. Die Koreaner scheinen noch mehr als die Taiwanesen (eine Steigerung, die ich nicht für möglich gehalten hatte) das Einkaufen zu vergöttern. In Dongdaemun, einem (von sehr vielen) Einkaufsvierteln Seouls stehen da mal eben schnell 30 mehrstöckige Shoppingcenter nebeneinander. Teilweise rund um die Uhr geöffnet. Und dazwischen breitet sich der Straßenmarkt aus. Neben Japan sind die Koreaner die Trendsetter Asiens was Mode, aber auch Musik und Fernsehserien angeht. Fast alles, was mir in Taiwan an Mode gefällt kommt aus Korea. Für Schminkprodukte gilt, habe ich mir sagen lassen, dasselbe. Kann ich mir auch gut vorstellen, da die Lieblingsbeschäftigung in der Seouler U-Bahn neben Fernsehen und Zocken das Schminken zu sein scheint. Dass so viel Wert auf das Äußere gelegt wird, hat allerdings auch seinen Preis. Dünnheit ist ein Muss und man munkelt, Essstörungen seien gang und gäbe. Dunkin Donuts hat in Seoul jedenfalls all seine Produkte mit dicken Kalorienangaben bedruckt. Und selten habe ich so viele Frauen mit Strichbeinen auf einmal gesehen. Laut einer (nach eigenen Angaben konservativen) Schätzung der BBC haben die Hälfte (!) der südkoreanischen Frauen zwischen 20 und 30 schon eine oder mehrere Schönheits-OPs hinter sich. Am häufigsten ist das operative Hinzufügen einer Augenlidfalte, um ein doppeltes Augenlid (wie wir Westler es haben) zu erzeugen. Damit wird das Auge größer – und eben westlicher. Diese OP ist auch in Taiwan extrem beliebt, noch vor der ebenfalls beliebten Vergrößerung asiatischer Nasen. Für Taiwan habe ich jedoch keine konkreten Zahlen. Kleine Straße in Seoul. Von wegen nur Hochhäuser... Traditionelle Häuser und kleine Läden sind weit verbreitet Seouler in der Öffentlichkeit sind also leise, betrunken und attraktiv. Seltsamerweise fühlte ich mich in dieser Umgebung schnell heimisch. Obwohl ich keine Schilder lesen konnte (das koreanische Alphabet hatte ich erst am Ende der Reise so einigermaßen im Kopf und das alleine hilft auch nur bei wenigen internationalen Begriffen, wie z.B. Cappuccino) und mich leider mit den wenigsten Menschen unterhalten konnte (in Korea sprechen sehr viel weniger Menschen Englisch als in Taiwan), fühlte ich mich an öffentlichen Orten paradoxerweise sehr viel weniger fremd als in Taiwan. Hier in Taipei fühle ich mich zwar wohl und zu Hause, bin mir meiner Fremdheit aber ständig bewusst. Seoul dagegen ist eine saubere und moderne Stadt voll glänzender Eleganz, westlicher Ketten und anonymer Großstädter wie sie einem auch in New York begegnen könnten. Das hat einerseits was angenehmes (keiner starrt einen an, alle benehmen sich ähnlich wie man selbst (Stichwort Habitus)), andererseits auch etwas abweisend Steriles. Noch bin ich mir nicht sicher, ob mir diese Stadt gefällt. (Ironisch finde ich nebenbei bemerkt, dass weder ich noch einer meiner Mitstudenten trotz regelmäßigem Verzehr von am Straßenrand gekauften Produkten in dem alles andere als sterilem Taipei jemals Vergiftungserscheinungen zeigte.) Alt und neu wechseln sich in Seoul ab. Seoul hin oder her – die Menschen in Seoul gefallen mir sehr. Selbstverständlich haben nämlich auch diese mehr als eine Oberfläche. Von dem, was darunter liegt, habe ich nur einen ersten Eindruck bekommen, bin aber gespannt auf mehr. Auch wenn sie anfangs vor allem im Vergleich zu den Menschen in Taiwan sehr kühl und abweisend scheinen, sind sie auf den zweiten Blick unglaublich warmherzig und hilfsbereit. Ein Beispiel, das für viele unerzählte stehen soll: eine junge Mutter, mit der ich praktisch nur in Gesten kommunizieren konnte, nahm für mich, nachdem ich sie nach dem Weg gefragt hatte, einen weiten Umweg auf sich. Den letzten Teil des Wegs legte sie rennend zurück, ließ dabei beinahe ihren Kleinsten zurück, der mit ihr und seinem älteren Bruder nicht mithalten konnte. Hektisch kaufte sie mir zuletzt eine Tramkarte - nur um sicherzustellen, dass ich noch rechtzeitig vor Torschluss ins Kunstmuseum komme. Und das alles mit einem Lächeln. Seoul erschien mir insgesamt zugleich wilder und geordneter, gröber und raffinierter, kälter und heimischer als Taipei, so ganz fassen kann ich die Stadt noch nicht. Insgesamt hat mir Korea sehr gut gefallen, eines Tages möchte ich auf jeden Fall wiederkehren, um Seoul genauer fassen zu können und vor allem um auch das Land jenseits der Metropole kennen zu lernen.
Kerstin
Blick auf Seoul vom Gipfel des Bukhansan Was wir von den Koreanern lernen sollten: Badehäuser in koreanischen Dimensionen zu koreanischen Preisen - Spielhallen mit Karaokekabinen - Fußbodenheizungen in Hostels wie Restaurants - das auf dem Boden Sitzen in selbigen - Liebe zum Essen - mindestens 5 verschiedene Beilagenteller selbst in günstigsten Fastfoodrestaurants zu servieren – beheizte U-Bahn- und Klositze – herzerwärmende Freundlichkeit gegenüber verwirrten Ausländern
Am Rande: Die Welt ist einfach klein. Eines Abends saß ich im Hostel und habe mit Thomas, dem Texaner, Sam, dem koreanischen Hostelmitarbeiter, sowie einem anderen Gast aus Hongkong Fußball geschaut, Manchester gegen Liverpool. Nach einigen Dosen koreanischen Biers, gegen später, weil man das in Korea so macht, gemischt mit dem koreanischen Nationalgetränk Soju, kamen wir auf die Weltmeisterschaft 2006 zu sprechen. Und haben festgestellt, dass nicht nur ich sondern sowohl Thomas als auch Sam, obwohl sie sonst wenig mit Deutschland am Hut haben, die WM in Freiburg erlebt haben. In FREIBURG, ausgerechnet. Der Hongkonger war immerhin schon einmal dort gewesen.
Im Hostel. Oben Mitte Thomas, oben rechts einer der beiden sehr warmherzigen Hostelmitarbeiter. Die anderen Gäste kommen aus Hongkong und Taiwan... Zufällig haben wir uns ein Hostel ausgesucht, dessen Besucher zu 85% Taiwanesen sind Ansonsten noch nachträglich FROHE OSTERN an alle!
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